
Schlagwort: Wallerseegasse
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Salzburg-Krimi
Pah! Das hat gedauert. Jetzt ist der Helikoptermann vom Wallersee druckfrisch erhältlich. Der Salzburg-Krimi liegt gut in der Hand und hat eine angenehme Schriftgröße. Den Inhalt verrate ich nicht. Ihr müsst schon selbst lesen! Aber bald werden ein paar Zeitungsartikel erscheinen. Die Journalisten haben mir schon vereinzelte Hinweise herausgelockt.

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Neumarkter G’schichtln 1 bis 3 Sammelband
Zur Neuerscheinung der Neumarkter G’schichtln 4, die Helmut Deinhammer und ich zum legendären Park-Cafe in Neumarkt herausgeben, habe ich die Neumarkter G’schichtln 1-3, die schon seit Jahren vergriffen sind, als Sammelband mit 4 neuen Bonus-Geschichten bei Kindle Publishing als eBook und als Taschenbuch veröffentlicht.
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Rezension zu Schädelweh
Erst jetzt habe ich bemerkt, dass mir jemand eine tolle Rezension geschrieben hat. hier der Link:
https://www.amazon.de/gp/customer-reviews/RM5W9QOWMRUF?ref=pf_vv_at_pdctrvw_srp
Freut mich sehr
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Absaugen! – Eine Kurzgeschichte
Um 14 Uhr betrete ich die Praxis, die Sekretärinnen lächeln mich an, sie kennen mich schon. Fast jeden Tag bin ich in der letzten Woche aufgetaucht, um mit Antibiotika-Spritzen und Spülungen die Entzündung meines Weisheitszahnes zu bekämpfen und meinem geschwollenen Gesicht wieder eine ansehnliche Form zu geben. Der Geruch in einer Zahnarztpraxis ist einfach umwerfend. Deshalb haben auch so viele Patienten Probleme mit dem Kreislauf und fallen um. Die Sekretärinnen und Assistentinnen sind guter Dinge, sie haben ja auch kein Zahnweh. Freundlich bedeuten sie mir, im Wartesaal etwas zu warten. Ich bin der einzige Patient zu dieser Zeit. Ich blättere ein paar Auto Zeitschriften durch. Sehr oberflächlich registriere ich die Bilder und Überschriften. Gleich werde ich drankommen, denke ich mir. Ah, da entdecke ich ein Reisejournal mit einem Bericht über die Côte d’Azur. Mensch, das sind aber beeindruckende Aufnahmen. Diese Farben! Ja, diese Bilder entspannen mich. Sie wecken Erinnerungen an den Urlaub: das Esterel Massif, der TGV, das herrliche Blau des Meeres an der Côte. Ich lehne mich im Stuhl zurück und ertappe mich dabei, dass ich lächle.
Da kommt die freundliche Assistentin. Aus ist es mit der Urlaubsstimmung. Ich springe nervös auf und folge ihr. Das hübsche Mädchen führt mich in den gleichen Raum, in dem ich in der vergangenen Woche fast täglich meine Spülungen und Spritzen bekam. Die Vertrautheit mit dem Raum beruhigt mich irgendwie. Ich lege mich auf meinen bekannten Stuhl und warte mit gespielter Gleichgültigkeit, was mit mir passieren wird. Ich sehe zuerst direkt in die helle Lampe über mir, dann sehe ich nichts mehr. Deshalb setzt mir die Assistentin eine Sonnenbrille auf und hängt mir einen Latz um, damit ich mich nicht ankleckern kann. Ich sehe sie zwar nicht mehr, aber ich höre, wie sie auf einem Keyboard etwas in einen Computer eingibt. Wahrscheinlich meine Daten. Ihr Parfüm riecht gut. Es lenkt zumindest von dem fürchterlichen Zahnarzt Geruch ab. Es dauert eine Ewigkeit, bis der Doktor kommt. Ich habe schon lange die Augen geschlossen und träume bereits von der Côte d’Azur, als er mich begrüßt und mir sofort eine Spritze ansetzt. Gott sie Dank, denke ich mir, ich will nur ja nichts spüren. Dann bin ich wieder allein. Auch die Assistentin mit dem guten Parfüm und der beruhigenden Stimme ist wieder weg. Ich träume weiter, bis sich meine Lippe wie eine weiche Extrawurst anfühlt. Jetzt wird’s bald losgehen, denke ich mir. Ein anderer Patient wird gerade fertig sein, die Brille abnehmen und heimgehen. Dann wird der Doktor zu mir kommen. Hoffentlich kann er sich noch konzentrieren. Da ist er schon. „Wie geht’s? – Ist die Lippe schon bamstig?“ – „Ja“. Jetzt kann ich auch die Assistentin riechen. Das Parfüm ist wirklich ein Wahnsinn. Der Doktor redet mit der Assistentin ein Fachchinesisch, dass ich glaube, ich bin im Ausland. Ich verstehe kein Wort, kann mir aber vorstellen, was bald von mir verlangt werden wird. Deshalb reiße ich vorsichtshalber den Mund weit auf. Sie hören auf zu reden. Es geht los. Ich sehe mit der Sonnenbrille genau in die Lampe. Links nehme ich das Gesicht der Assistentin wahr, rechts das des Zahnarztes. Los geht’s. Ich kann nicht mehr raus. Er wird schon wissen, was er tut. Ich habe Vertrauen in ihn. Er hat schon oft in meinem Mund herumgewerkt, und es hat bisher immer geklappt. Das Wort „bisher“ hebt sich in meiner Vorstellung wie mit einem Leuchtstift markiert hervor. Ich bin heute irgendwie ängstlicher als sonst. Verdammt, die Assistentin zuckt und hält den Kopf weg. Er werkt fürchterlich im meinem Mund herum mit seinen Instrumenten und den Gummihandschuhen, aber es tut noch nicht weh. Ich schließe vorsichtshalber die Augen. Ich kann sowieso nichts tun. Ich bin ihm total ausgeliefert. Wenn der nicht weiß, was er tut, bin ich verloren. Ich habe Vertrauen, rede ich mir immer wieder ein. Er kennt sich aus. „Wenn es weh tut,spritzen wir nach“, sagt er. „Tut es weh?“ „CHHHHHnn“, sage ich. Es soll „nein“ heißen. Jetzt kennt er kein Erbarmen mehr. Er arbeitet wie ein Mechaniker. Mit geschlossenen Augen bin ich sowieso in einer anderen Welt. Ich versuche, mir aus dem, was ich verspüre, vorzustellen, was er macht. Das interessiert mich und lenkt mich ab. Ich stelle mir vor, ich kann von oben auf mich draufsehen, ich stelle mir vor, ich bin der Zahnarzt und ziehe mir meinen eigenen Zahn. Doch ersteinmal schneidet er das Zahnfleisch auf, um an den Weisheitszahn heranzukommen. Das spüre ich genau. Er schneidet durch und trifft auf den Zahn. „Absaugen!“, befiehlt er der Assistentin. Gott sei Dank saugt die Assistentin gut ab. Sonst würde mir auch noch der Speichel und das Blut im Mund herumrinnen. Jetzt setzt er schon zum Ziehen an. „Ein bißchen rührt er sich, aber noch nicht genug“, sagt er. In meiner Finsternis bekomme ich nun doch Angst. Nur wegen der hübschen Assistentin renne ich nicht davon. Ganz cool bleiben, rede ich mir immer wieder ein. Aber was passiert, wenn der den Zahn nicht herausbringt und mich mit der Rettung ins Ambulatorium bringt. Ob sie mir dann eine Vollnarkose geben? Was ist, wenn ich einen Kollaps habe? Mir ist schwindlig und schlecht. Von dem guten Parfüm kann das nicht sein. Das ist der Kreislauf. Das kommt von dem Zahnarzt-Geruch hier drinnen. Dieses Desinfektions-Zeug und dieses Fluor, das mag ich schon so. Da reagiere ich wie bei Weihrauch. Mein Gott, ich hätte sofort wieder gehen sollen! Wenn die mich mit der Rettung wegbringen müssen. Habe ich das Auto versperrt? Ist mit der Wohnung alles in Ordnung? Ich bin noch nie in einem Hubschrauber geflogen. Wie gerne würde ich mit einem Hubschrauber über die Stadt Salzburg oder über den Wallersee fliegen, vielleicht sogar über die Wallerseegasse, in der ich wohne. Aber doch nicht so! Nein, das muß ich wirklich nicht haben. In meiner Finsternis rechne ich mit dem Schlimmsten. Das ist wirklich ein Alptraum. Aber ich habe Vertrauen. Der Bursche macht das schon. Die österreichische Ausbildung ist die beste, nicht nur in der EU, nein, unsere Zahnärzte sind weltweit die Besten. Und der Herr Doktor war sicher einer der besten Studenten. Es hingen so viele Urkunden und Auszeichnungen in seiner alten Ordination. Er hat mehr Behandlungsstühle als viele andere Zahnärzte. Er verlangt mehr Geld als viele andere. Er muss einer der besten sein. Er bleibt zumindest cool. Er wirkt, als ob er wüßte, was zu tun ist. Jetzt zerbohrt oder zerschneidet er den Zahn. Ich habe den Eindruck, als ob er ihn total wegfräste. Der Alptraum gerät in eine Zeitlupe. Mein ganzer Kopf dröhnt. Der Bohrer macht mindestens 15000 Touren. Wie man das nur aushalten kann. Gut, dass ich nicht hinsehen muss. Trotzdem stelle ich mir das Schauspiel von allen Seiten vor. Es geht wild zu in meinem Mund. Der Bursche muß konzentriert sein. Was ist das für ein Job? Jeden Tag in den Mäulern der Patienten kaputte Zähne reparieren. Nur gut, dass ich am Zahn selbst nichts spüre! Aber die Lippe und den Gaumen hat er schon ein paarmal erwischt. Abgerutscht ist er auch schon mehrmals. Ein wilder Hund! Na, lieber ein wilder Hund, als einer, der überall zögert. Er kann den Zahn nicht fassen. Darum fräst er weiter wie ein Irrer? Jetzt ist mir alles egal. Natürlich überlege ich mir noch immer, was er vorhat. Will er den Zahn in Teile zerlegen, die er dann einzeln herausholt? Was weiß ich! Ich bin doch nicht der Zahnarzt. Der hat eine gediegene österreichische Ausbildung, viel Erfahrung und schöne Urkunden, der macht das. Mir ist jetzt alles egal. Ich warte einfach, bis alles vorbei ist. Als ob ich mit geschlossenen Augen einen Salto vom 3 Meter Brett machen würde. Abspringen und warten, bis ich auf das Wasser aufschlage. Ein Blindflug sozusagen. Irgendwann ist alles vorbei. Wie recht ich doch habe. Der Zahn ist endlich gezogen. Ich habe es gar nicht mehr bemerkt. Ich muß noch eine Stunde auf dem Sessel liegenbleiben. Jetzt kann ich das Parfüm genießen. Die Assistentin tippt wieder etwas in den Computer. Es geht mir den Umständen entsprechend gut – bis die Nacht hereinbricht. Dann läßt die Spritze nach und der Schmerz meldet sich an, die ganze Nacht, und die ist lang.
(C) Wolfgang Schinwald 1998
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Phantastische Nacht – Meine Rezension
Phantastische Nacht – Rezension
von Wolfgang Schinwald
In dieser Geschichte zeigt Stefan Zweig, dass er es wie kein anderer versteht, seinen Leser von einem Augenblick auf den anderen in der Gedanken- und Gefühlswelt seiner Charaktere gefangen zu nehmen und nicht wieder loszulassen. Dies gelingt ihm selbst dann, wenn der Leser so gut wie überhaupt nichts mit dieser Welt zu tun hat.
In der Einleitung erfährt man, dass es sich eigentlich um ein gefundenes Manuskript handelt. Ein versiegeltes Paket eines Barons, der gerade im Krieg im August 1914 gefallen ist. Die Familie übergibt jemandem die Papiere. In den Papieren findet sich ein von einem Ich-Erzähler erzählter Vorfall. Dieser Erzähler distanziert sich von dem Ich wieder in der Art, dass er nicht mehr der ist, von dem er erzählt und sich von außen sieht.
Der Protagonist befindet sich in einem Stadium emotionaler Impotenz. Dies wird durch ein Beispiel untermauert, als er einen Brief von einer Frau bekommt, mit der er jahrelang beisammen war und die ihm mitteilt, dass sie die Beziehung beendet, weil sie einen anderen heiraten will. Die Briefschreiberin hat offenbar große Befürchtungen, dass sie den Herrn in großes Unglück stößt, was aber völlig unbegründet ist. Es ist ihm völlig egal. Der Erzähler spricht von einem Prozess der Lähmung, der ihn erfasst hat. Er ist bereits völlig stumpf gegenüber derartigen Gefühlen geworden.
Durch Zufall wird der Erzähler/Protagonist auf ein Pferderennen in der Freudenau aufmerksam und erinnert sich an einen früheren Besuch der Rennbahn nahe dem Wiener Prater. Er nimmt eine Kutsche, und der Leser gewinnt einen Eindruck von der Eintönigkeit seines Lebens. Alles, was er erlebt, ist bereits vielfach bekannt, es fehlt ihm das Moment des Neuen, des Unbekannten. Nichts scheint ihn mehr neugierig machen zu können. Es ist ihm, als würde er jetzt schon wissen, was sich auf und abseits der Rennbahn abspielen werde.
In seiner zur Gewohnheit gewordenen Lustlosigkeit beobachtet er das Kopf-an-Kopf-Finish der Pferde, als ihm ein Mann auffällt, der mit überschwänglicher Begeisterung das Rennen verfolgt und dabei wild mit Wettscheinen, die er in der Hand hält, agitiert. Der Erzähler fühlt in diesem Moment einen unheimlichen Neid auf diese Begeisterungsfähigkeit und Erregtheit des Mannes, die ihm selbst verwehrt sind. Er fragt sich, was passieren müsste, dass er zu so einer emotionalen Regung fähig wäre. Er muss sich eingestehen, dass ihn vermutlich nichts aus seiner Apathie reißen könnte.
Nach dem Zieleinlauf setzt er sich gelangweilt auf einen Stuhl und gibt sich der unbeteiligten Beobachtung des Geschehens abseits der Rennbahn hin.
Das kindische laute Lachen einer Frau unmittelbar hinter ihm erhascht seine Aufmerksamkeit. Er gibt sich einem intellektuellen Spiel, einem psychologischen Experiment hin, indem er beschließt, die Frau nicht sehen zu wollen, sondern sich lediglich eine Vorstellung von ihr zu machen. Er hört ihr Gelächter, registriert ihren ungarischen Akzent, und schon stattet er sie mit dunklem Haar und einem Schönheitspunkt auf ihrer linken Wange aus. Es scheint selbstverständlich dass die Frau in seiner Vorstellung sehr schön ist. Sein Verlangen, die Frau zu sehen, steigt ins Unerträgliche. Er will die Lust an seinem imaginäres Spiel bis zum letzten Tropfen auskosten und schließt noch die Augen, bevor er sich erwartungsvoll umdreht.
Die Enttäuschung ist unvermeidlich. Das hindert ihn aber nicht, mit der Frau zu flirten, obwohl er merkt, dass sie mit jemandem da ist. Er bemerkt, dass es ihr nichts ausmacht, dass er mit den Augen jedes Detail an ihr absucht. Plötzlich kommt ein aufgeregter Mann auf sie zu. Nervös, verschwitzt. Dem Erzähler fällt nicht nur ein Bündel Wettscheine in seiner Hand auf, sondern der Ehering. Mit der Frau wechselte der Mann kein Wort, jedoch mit einem Offizier, und zwar in lautem Ungarisch. Der Erzähler erkennt in ihm jetzt den Mann, der so ekstatisch den Kopf-an-Kopf-Einlauf der Pferde mitverfolgt hatte. Die Frau scheint das Verhalten ihres Mannes vor dem Offizier als peinlich zu empfinden. Als sich der fette Ehemann zum nächsten Rennen aufmacht, will der Erzähler seinen Flirt fortsetzen und bringt sich in Position. Dabei stößt er mit dem nervösen Ungarn zusammen, dessen Wettscheine im Wind davongeblasen werden. Für einen kurzen Moment starren sich die Männer wortlos an. Der erzürnte Ungar sucht vor den Augen seiner Frau am Boden kriechend nach seinen Wettscheinen. Der Erzähler bemerkt den Hass der Frau ihm gegenüber und genießt es, dass er die beiden in so eine Aufregung verstrickt hat. Noch nie hat er eine Bosheit so genossen. Vor allem die Erniedrigung der Frau bereitet ihm großes Vergnügen.
Schließlich hat der Ungar alle Wettscheine aufgesammelt, bis auf einen, der sich in der Nähe des Erzählers befindet. Er beobachtet, wie verzweifelt der offensichtlich kurzsichtige Mann sucht und tritt einem bösen Impuls folgend auf den Wettschein, um ihn zu verbergen. Der Ungar muss seine verzweifelte Suche abbrechen, als ihn seine Frau wegzieht. Der Erzähler fühlt sich gut. Immerhin haben eine erotische Episode und ein Gefühl der Schadenfreude seine monotone Alltagswelt unterbrochen. Er hebt den Wettschein auf.
Wieder gibt es eine große Aufregung in der Menge. Ein neuer Zieleinlauf. Der Gewinner hat die Nummer 7. Das ist genau die Nummer auf seinem Wettschein. Der Erzähler gewinnt neunfach den Einsatz von 20 Kronen. Er löst den Wettschein ein, hat aber kein gutes Gefühl dabei. Er weiß, dass es das Geld eines anderen ist. Das ist einem ehrenvollen Offizier der Reserve, der er ist, verboten. Er will das Geld unbedingt loswerden und fasst schließlich den Entschluss, im nächsten Rennen alles auf den absoluten Außenseiter Teddy zu setzen. Als er sich entspannt auf einen Stuhl setzt sind alle negativen Gefühle wie weggeblasen. Bald aber überkommt ihn Nervosität. Er fürchtet den Ungarn Lajos mit seiner Frau zu sehen. Entgegen seiner Natur fiebert er dem Beginn des nächsten Rennens entgegen. Als ein Mann nicht müde wird, den Namen des Champions zu rufen, steigt unbändiger Hass im Erzähler auf, der jetzt nur eines will, nämlich dass sein Außenseiter Teddy gewinnt. So verliert er total die Selbstkontrolle und beginnt ekstatisch „Teddy, Teddy!“ zu rufen. Teddy gewinnt wider aller Erwartungen. Der Erzähler ist von Begeisterung erfasst und will den Sieg und das gewonnene Geld auskosten. Lust löst die Scham ab.
Auf der Heimfahrt mit der Kutsche will er einen neuerlichen Kontakt mit dem Ungarn und seiner Frau vermeiden. Er fühlt sich als niederträchtiger Dieb, der gleichzeitig irgendwie zufrieden über seine verbrecherische Tat ist. Zum ersten Mal seit vielen Jahren empfindet er eine nicht gekannte Nähe zum echten Leben. Und das ausgerechnet dann, als er mit Zylinder und noblem Gewand am niederen Pöbel der Vorstadt vorbeifährt. Es zieht ihn ganz und gar nicht nach Hause. Ganz im Gegenteil, er sucht aus Furcht vor der Einsamkeit den Kontakt zu gewöhnlichen Menschen, und um aus seiner Umgebung der Gleichgültigkeit auszubrechen. Er setzt sich in einen Biergarten, wo er sich plötzlich als Fremdkörper erkennt. Aber er spürt auch, dass ihm diese phantastische Nacht etwas anbieten würde, was ihm zuvor verschlossen war. Die Versuchung nach menschlichem Kontakt ist in dieser Nacht entflammt. Er erinnert sich an die Neugier seiner Kinderjahre. An eine dunkle Seite in seiner Jugend, während der ihn die Neugier nach diesen Figuren im Prater angezogen hat. Gleichzeitig fürchtete er sich vor ihnen. Er will frei atmen und will sich von der ultimativen Einsamkeit erholen. Seine Aufmerksamkeit gilt einem Karussell, das gerade zugesperrt wird.
Und als eine schmutzige Prostituierte aufkreuzt, hat er nur einen Wunsch, dass sie sich zu ihm herdrehen solle, damit er mit ihr sprechen kann. Sie erwidert seine unsichtbare Einladung, und er folgt ihr in eine dunkle Gasse, bis er bemerkt, dass es sich um einen Hinterhalt handelt. Zuhälter sind ihnen gefolgt. Er denkt zwar einen Augenblick lang an Flucht, jedoch entflammt ihn die alarmierende gefährliche Situation nur noch mehr. Sie verlangt Geld von ihm. Er gibt es ihr und als sie ihrer Freude Ausdruck gibt, freut auch er sich, als hätte er für jemanden Armen etwas Gutes getan. Das erste Mal in seinem Leben war er sich bewusst, für jemanden anderes zu leben. So lebendig fühlte er sich. Er konnte ihr ganzes miserables Leben ausgebreitet vor sich sehen. Unendliches Mitleid überkam ihn. Zwei Figuren tauchten in der Dunkelheit auf und er erkennt, dass er sich in der tiefsten Stelle des Abgrundes befindet, in die er kommen kann. Er, der smarte, noble Gentleman in der Halbwelt der Zuhälter. Die Frau weicht zur Seite, als würde sie den Hinterhalt nicht billigen. Die Männer drohen ihm. Obwohl die Situation ausweglos scheint, spielt er mit den Kriminellen wie er es auf der Rennbahn getan hat. Er versteht sich als Krimineller unter Kriminellen. Und zum zweiten Mal in dieser Nacht ist er verzaubert vom risikoreichen Spiel mit dem gefährlichsten, mit dem man spielen kann, mit dem Leben. Schließlich tauchen Polizisten in der Nähe auf. Die Zuhälter ziehen sich zurück und das Spiel scheint vorbei. Er hat ein zweites Mal gewonnen. Die Spannung ist auf dem Höhepunkt. Die Polizisten kommen und der Erzähler weiß, dass die Zuhälter jetzt ihn fürchten und nicht umgekehrt. Er überlegt, was sie von ihm gewollt hätten, von einem saturierten Parasiten, sie hätten ihn ausrauben und strangulieren können. Es tut ihm Leid, dass er, der ja selbst aus einer Laune heraus zum Dieb geworden war, diese armen Teufel peinigt. Er gewinnt Sympathie für die Kriminellen und schämt sich mit ihrer Angst zu seinem eigenen Amüsement gespielt zu haben.
Deshalb geht er auf sie zu, tut eingeschüchtert. Sie haben etwas anderes erwartet. Drohungen vielleicht. Der Erzähler genießt erneut das Spiel. Er bittet um Gnade und um Geheimhaltung. Er offeriert den erstaunten Erpressern 100 Kronen. Sofort verlangt der zweite Zuhälter 200. Das Mädchen aber interveniert. Darüber freut sich der Erzähler. Noch nie hat ein Mensch für ihn Partei ergriffen. Er gibt den amateurhaften Gaunern 200. Ohnehin Geld, das er sich durch zweifelhafte Machenschaften angeeignet hatte. Als sich der Zuhälter bedankt, schämt er sich sogar. „Ich habe zu danken, dass ihr mich nicht bei der Polizei gemeldet habt“, antwortet er und weiß, dass dieser Moment ewig in der Erinnerung dieser Menschen präsent sein würde und dabei fühlt er selbst eine Genugtuung, die er noch nie gefühlt hat.
Euphorisch nähert er sich dem Prater-Ausgang. Dort erblickt er eine Straßenhändlerin. Der Erzähler gibt ihr für etwas Gebäck, dass sie vermutlich schon seit Stunden zu verkaufen versucht, eine Banknote. Er geht weiter und genießt ihr Erstaunen und ihre Dankbarkeit. Jetzt kann er nicht mehr genug kriegen davon, andere glücklich zu machen. Sogar einem Pferd streicht er über die Nüstern. Einem Händler kauft er Luftballone ab und entlässt sie in die Freiheit der Lüfte. Ebenso scheinen seine verbleibenden Banknoten auf Freiheit zu brennen. Er beglückt einen Straßenfeger und andere Personen, womit er eine Welle des Erstaunens und der Dankbarkeit hinter sich lässt. Als er sich der letzten Geldscheine entledigt hat, fühlt er sich leicht.
Vor seiner Wohnungstür schreckt der Erzähler zurück. Er hat Angst, mit dem Betreten seiner Wohnung wieder der zu werden, als der er hier weggegangen ist. Die Furcht ist unbegründet. Er wacht am nächsten Tag freudig auf. Die Lebenslust ist noch da. Er will nicht wissen, wie lange das so bleibt und wie sein Leben weitergeht. Denn nur wer sein Leben als Mysterium lebt, ist wirklich am Leben, glaubt er zu wissen. Jetzt interessiert ihn alles, nichts steht er mehr gleichgültig gegenüber, und er kann mit Menschen sprechen, ohne die Schranken der höflichen Konversation. Er bezeichnet seine Wende als Wunder des Erwachens. Einer, der sich selbst gefunden hat, so meint er, der kann nichts mehr verlieren und der versteht auch andere Menschen.
Also ich bin von der Spannung der Geschichte total begeistert und ich muss eigentlich nicht erwähnen, dass ich diese Lektüre (wie alle anderen Werke von Stefan Zweig auch) wärmstens empfehle.
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Wolfgang Schinwald schreibt auf story.one
Gerade habe auch ich entdeckt, dass man auf story.one Geschichten posten kann. Tolle Gelegenheit. Da sieht man gleich, wie viele Leute deine Geschichte lesen. Spannend. Und vornehmlich nette Kommentare. Keine wüsten Beschimpfungen, wie es meist in den Sozialen Medien der Fall ist. Schaut mal auf meine Story-Seite und lasst pfiffige Kommentare zurück.
Wolfgang
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Neumarkter Stadtinfo November 2018
Wallersee Literatur von Wolfgang Schinwald
Der Wallersee hat vor allem durch Carl Zuckmayers Henndorfer Kreis eine große und ganz einzigartige literarische Vergangenheit. Jetzt ist diese Tradition mit dem Neumarkter Autor Wolfgang Schinwald in der Gegenwart angekommen.
Derzeit sind vier seiner amüsanten Bücher verfügbar, die dem Leser und der Leserin das Gefühl geben, irgendwie an der geschickt verstrickten Handlung beteiligt zu sein oder sie zumindest aus nächster Nähe zu beobachten.
Man wird Schauplätze und handelnde Personen als bekannt empfinden, selbst wenn sie zum Teil frei erfunden sind. Die Charaktere sind Menschen, wie man sie an jedem Ort der Region zu jeder Zeit treffen könnte.
Ob Krimi, Thriller oder Kurzgeschichten, diese Bücher sind für den Flachgauer, der seine Region und den ihr eigenen Humor schätzt, die maßgeschneiderte Lektüre. Gerade jetzt, wo man an den immer länger werdenden Abenden Zerstreuung sucht und seine Laune nicht dem TV-Programm überlassen will, kann man auf die vier Bücher zurückgreifen, die über die Homepage www.WolfgangSchinwald.com rasch und bequem als Taschenbuch oder eBook bestellt werden können.
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Plusregion Literatur
Wallersee Literatur von Wolfgang Schinwald
Der Wallersee hat vor allem durch Carl Zuckmayers Henndorfer Kreis eine große und ganz einzigartige literarische Vergangenheit. Jetzt ist diese Tradition mit dem Neumarkter Autor Wolfgang Schinwald in der Gegenwart angekommen.
Derzeit sind vier seiner amüsanten Bücher verfügbar, die dem Leser und der Leserin das Gefühl geben, irgendwie an der geschickt verstrickten Handlung beteiligt zu sein oder sie zumindest aus nächster Nähe zu beobachten.
Man wird Schauplätze und handelnde Personen als bekannt empfinden, selbst wenn sie zum Teil frei erfunden sind. Die Charaktere sind Menschen, wie man sie an jedem Ort der Region zu jeder Zeit treffen könnte.
Ob Krimi, Thriller oder Kurzgeschichten, diese Bücher sind für den Flachgauer, der seine Region und den ihr eigenen Humor schätzt, die maßgeschneiderte Lektüre. Gerade jetzt, wo man an den immer länger werdenden Abenden Zerstreuung sucht und seine Laune nicht dem TV-Programm überlassen will, kann man auf die vier Bücher zurückgreifen, die über die Homepage www.WolfgangSchinwald.com rasch und bequem als Taschenbuch oder eBook bestellt werden können.
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